Was genau ist das Epstein-Bar-Virus? Welche Symptome können auftreten? Wie ist der Behandlungsablauf? Diese und weitere Fragen beantwortet unser Experte, Dr. Gerhard Lange-Manchot, Hausarzt aus Hamburg (Harvestehude), in der Expertensprechstunde "Epstein-Bar-Virus".
Das Epstein-Barr-Virus gehört zur Familie der Herpesviren, dessen bekanntester Vertreter der Herpes-Simplex (Lippenherpes) ist. Das EBV-Virus gilt als Erreger des Pfeifferschen Drüsenfiebers („Kusskrankheit“) und wird anders als seine eher harmlosen Herpes-Vertreter mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht. Darüber hinaus kann Epstein Barr auch zu diversen anderen Krankheiten führen oder deren Entstehung begünstigen. Wie alle Herpesviren kann das EBV-Virus sowohl nach einem Ausbruch als auch ohne eine aktive Phase der Infektion durchlebt zu haben, im Körper verbleiben und jederzeit reaktiviert werden.
Unter Umständen kann das Epstein-Barr-Virus chronisch verlaufen. Heilt eine akute Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber nicht richtig aus bzw. wird sie vom Körper nicht richtig überwunden, kann eine chronische Infektion zurückbleiben, die dann eine Vielzahl unspezifischer Beschwerden hinterlässt. Heutzutage ist die chronische Verlaufsform, mit ihrer unüberschaubaren Vielfältigkeit an Symptomen, die am häufigsten vorkommende EBV-Infektion.
Die sogenannten Gamma-Herpesviren, zu denen das EBV Virus gehört, haben es sich zur Aufgabe gemacht die B- und T-Lymphozyten, also die weißen Blutkörperchen, welche für die Immunabwehr und Bildung von Antikörpern zuständig sind, zu befallen. In diesen Blutzellen kann sich Epstein Barr „einnisten“ und weiter vermehren. In Folge dessen ist das Immunsystem geschwächt und kann dem Weitertransport über die Lymph- und Blutbahnen und der rasanten Verbreitung der Infektion nicht trotzen. Dann sind auch die inneren Organe wie Leber und Milz, Herz und Nieren sowie Lymphknoten von der Epstein-Barr-Infektion betroffen.
Das EBV-Virus kann sich entweder aktiv, also durch eine direkte Infektion ausbreiten oder wird passiv auch von negativen Umwelteinflüssen und den stets zunehmenden Stoffwechselstörungen, die das Immunsystem schwächen, (re-)aktiviert. Letzteres tritt in der Regel bei der chronischen Form des Epstein-Barr-Virus war.
Wie bereits erwähnt, greift das Epstein-Barr-Virus die Blutkörperchen an. Sie stellen sozusagen die Produktionsstätte für Antikörper dar. Kein Wunder also, dass sich die EBV-Infektion nachhaltig auf das Immunsystem auswirkt. Indem das EBV-Virus das Immunsystem manipuliert, kann sich der Körper nicht gegen die Infektion wehren und das Pfeiffersche Drüsenfieber (Mononukleose) wird ausgelöst.
Dieses macht sich mit den typischen Symptomen Fieber, Halsschmerzen und Schluckbeschwerden bemerkbar. Auch eine Schwellung und Entzündung der Mandeln ist nicht untypisch. Danach folgen eine Vergrößerung der Lymphknoten und Milz. Doch Vorsicht, aufgrund der Ähnlichkeit der Symptome kann die Infektion mit Epstein Barr fälschlicherweise auch mit einer Mandelentzündung verwechselt werden.
Liegt eine chronische Erkrankung mit dem Epstein-Barr-Virus vor, sind die Auswirkungen der Infektion von der körpereigenen Immunreaktion abhängig. Je nachdem wie die Gesamtverfassung von Körper und Seele sowie die äußeren Umstände sind, kann der Körper mehr oder weniger gut gegen die chronische Störung angehen. Zu den Symptomen des chronischen EBV-Virus zählen unter anderem:
Je nach Verfassung des Betroffenen können die Symptome bei Epstein Barr entweder permanent oder phasenweise in Erscheinung treten. In seltenen Fällen sind auch eine Lebervergrößerung oder Hautausschlag oder das Syndrom der verbrühten Haut (Lyell-Syndrom) zu beobachten.
Ja, das EBV-Virus ist ansteckend. Die Ansteckung mit dem Epstein-Barr-Virus erfolgt hauptsächlich durch die Tröpfcheninfektion oder eine Kontaktinfektion. Das heißt, es wird durch den Speichel von Mensch zu Mensch übertragen. Dies passiert in der Regel beim Küssen und hat dem Pfeifferschen Drüsenfieber auch die Bezeichnung „Kusskrankheit“ eingebracht.
Nicht verwunderlich also, dass die Ansteckung mit dem Virus meist bereits im Kindesalter erfolgt. Der Kuss von einem Verwandten oder das Teilen von Besteck und Gläsern beispielsweise, reicht da schon aus. Zum Glück, bricht die Erkrankung bei Kindern nur sehr selten in ihrem üblichen Ausmaß aus. In der Regel kommt es eher im Jugend- und Erwachsenenalter zum Ausbruch des Pfeifferschen Drüsenfiebers. Von der Ansteckung bis zum Ausbruch des Epstein-Barr-Virus braucht es eine Inkubationszeit bei Jugendlichen von ca. ein bis zwei Wochen, bei Erwachsenen kann die Inkubationszeit bis zu zehn Wochen betragen.
Seltener kann man sich auch über eine Transplantationen oder Bluttransfusionen mit dem Epstein-Barr-Virus anstecken. Neueste Forschungserkenntnisse zeigen auch, dass das EBV-Virus auch in Sekreten der Genitalien ausfindig gemacht werden kann. Dies schließt eine Übertragung durch sexuelle Kontakte nicht gänzlich aus.
Übrigens: Heute weiß man, dass ca. 98% der Menschen ab 40 mit dem Epstein-Barr-Virus infiziert sind. Warum das so ist? Weil der Virus ein ausgeklügeltes Systems entwickelt hat nicht zu sterben und selbst inaktiv ein Leben lang im Körper zu verbleiben.
Grundsätzlich kommt jeder Mensch als Wirt für das Epstein-Barr-Virus in Frage. Erhöhtes Risiko für eine EBV-Infektion besitzen allerdings Menschen mit einem (dauerhaft) geschwächten Immunsystem. Zu dieser Risikogruppe gehören beispielsweise Transplantationspatienten, HIV-Patienten oder Krebspatienten. Selbstverständlich können auch alle weiteren Faktoren, die die Abwehrkräfte beeinträchtigen, zu einer Infektion mit Epstein-Barr führen. Beispielsweise auch eine Grippe. Bei Risikopatienten kann zudem eine Erkrankung mit Krebs in Folge der EBV-Infektion begünstigt werden.
Ob allerdings ein Ausbruch des Pfeifferschen Drüsenfiebers stattfindet oder andere Krankheitsbilder auftauchen, liegt allein am körpereigenen Immunsystem und seiner Abwehrleistung. Häufig bricht das Pfeiffersche Drüsenfieber bei jüngeren Menschen zwischen 15 und 30 Jahren aus. Diese sind hormonell sozusagen abgelenkt, weshalb es dem Epstein-Barr-Virus leicht fällt die Oberhand zu ergreifen.
Bei jedem zweiten Infizierten mit Epstein-Barr kommt es jedoch gar nicht zu einem Ausbruch. Auch bei Kindern unter 5 Jahren führt die Infektion mit dem EBV-Virus in der Regel nicht zu einem Ausbruch der Erkrankung. Die Betroffenen tragen das Virus jedoch lebenslang in sich und können es übertragen. Nach einer Ansteckung mit dem Epstein-Barr-Virus ist man für gewöhnlich lebenslang immun und kann sich nicht erneut anstecken.
Wie bei jeder Infektionskrankheit sind Komplikationen und Spätfolgen auch beim Epstein-Barr-Virus nicht gänzlich auszuschließen. Im Normalfall verläuft das Krankheitsbild des Pfeifferschen Drüsenfiebers unkompliziert und die Infektion heilt innerhalb von zwei bis drei Wochen ohne Folgen aus. Daher ist selten mit Komplikationen zu rechnen. Wenn durch das EBV-Virus Komplikationen auftreten, dann in der Regel bei Patienten, die bereits über eine Immunschwäche infolge einer anderer Erkrankung (z.B. Krebs, HIV) verfügen. Möglichen Komplikationen können dann sein:
Darüber hinaus kann das Epstein-Barr-Virus Spätfolgen haben. Es wird ein Einfluss von Epstein-Barr auf Autoimmunerkrankungen wie die Schmetterlingsflechte (Lupus erythematodes), Gelenkserkrankungen wie rheumatiode Arthritis und multiple Sklerose vermutet. Auch für das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS) und die Entwicklung von seltenen Krebserkrankungen wird das EBV-Virus als Ursache angesehen. Diese Krankheitsbilder zeichnen den Betroffenen ein Leben lang.
Nun, bei einer akuten Infektion mit dem EBV-Virus und dem Ausbruch des Pfeifferschen Drüsenfiebers wird eine rein schmerzlindernde Behandlung empfohlen. Eine Behandlung die den Erreger-Virus selbst ausheilt, gibt es nicht. Meist überlässt man es dem Körper selbst, die Virusinfektion zu bekämpfen. Dafür sind viel Ruhe und Schlaf nötig. Unterstützend und zur Linderung der Symptome von Epstein-Barr können Medikamente gegen Fieber und Schmerzen verabreicht werden. Wird die EBV-Infektion von einem bakteriellen Infekt begleitet, ist auch der Einsatz von Antibiotika möglich.
Bei der chronischen Verlaufsform des Epstein-Barr-Virus kann eine Immuntherapie nach schulmedizinischen wie auch naturheilkundlichen Verfahren zur Stärkung der Immunabwehr ratsam sein. Auch eine begleitende Behandlung möglicher Spätfolgen wie z.B. dem chronischen Erschöpfungssyndrom macht Sinn. Unter Umständen sollten auch die Lebensumstände und Ernährungsweise hinterfragt werden, um potenzielle negative Einflüsse auf die Verfassung des Körpers zu berücksichtigen. Selbstverständlich sollte bei Komplikationen oder anderen Krankheitsbildern eine gezielte Therapie stattfinden.
Zusammen mit dem Human Papillon Virus (HPV), Hepatitis B und C sowie dem T-Zell-Leukämie Virus zählt das Epstein-Barr-Virus zu einer Gruppe von Krankheiten, die für ca. 10-15% aller Krebserkrankungen weltweit verantwortlich gemacht werden. Insbesondere das HPV-Virus, das nachweislich auch Gebärmutterhalskrebs verursacht, stellt im Zusammenhang mit dem EBV-Virus ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar.
Neuesten Forschungen nach, konnte der Virenstamm von Epstein-Barr auch in Schleimhäuten der Genitalien festgestellt werden. Dies bedeutet, dass eine Co-Infektion des EBV-Virus mit dem HPV-Virus möglich ist. Zudem lässt dieser Verdacht den Rückschluss zu, dass sich das Epstein-Barr-Virus erheblich auf den Entwicklungsprozess von Gebärmutterhalskrebs auswirkt und die Wahrscheinlichkeit zu erkranken, um ein unbekannt Vielfaches steigt. Auch ist anzunehmen, dass der Verlauf der HPV-Erkrankung durch das Epstein-Barr-Virus immens belastet wird.
Bitte bedenken Sie, dass die Erstuntersuchung (Anamnese) und das Erarbeiten eines individuellen Therapieplans sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen nicht die Kosten dafür, es handelt sich also um eine Privatleistung.
Die Experten-Sprechstunde dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose und ersetzt eine Behandlung weder medizinisch noch rechtlich. Die Antworten spiegeln die Meinung des Autors wider und nicht die der Betreiber von www.pluspatient.de
HausarztDr. Gerhard Lange-Manchot
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