Alle wichtigen Informationen zum Thema Anti-Aging-Medizin erfahren Sie von unserem Experten, der Allgemeinmedizinerin Dr. Britta Manchot, Hausärztin aus Hamburg (Hohenfelde),
Nicht nur aufgrund der ähnlichen Begrifflichkeiten und der ständigen Präsenz in der Werbung ist die Frage durchaus berechtigt. Mit Anti-Aging-Medizin ist aber nicht die Verjüngung durch die kommerziellen und omnipräsenten Anti-Aging-Produkte gemeint, wenngleich die Werbestrategen sich aufgrund des klangvollen Namens durchaus an der Anti-Aging-Medizin bedienen und somit den Begriff (noch) bekannt(er) gemacht haben.
Auch geht es bei der Anti-Aging-Medizin nicht darum, mit ein paar Salben und Tinkturen einen heimischen Jungbrunnen zu betreiben.
Dazu muss man kurz erklären, warum das Thema - unabhängig von der Begrifflichkeit - überhaupt relevant geworden ist. Vor gerade einmal gut 100 Jahren lag die Lebenserwartung bei <50 Jahren, Todesursachen waren in der Regel äußere Einflüsse wie Infektionen. Aufgrund des rasanten Fortschreitens der medizinischen Kenntnisse liegt die Lebenserwartung heute im Schnitt bei 75-80 Jahren und innere Erkrankungen wie Arteriosklerose, Herzinfarkt, Schlaganfall, verschiedene Formen von Krebs, Diabetes mellitus, Arthrose, Osteoporose, Autoimmunerkrankungen und Altersdemenz sind die häufigsten Todesursachen.
Dieser Umstand und der stark gestiegene Wohlstand haben in den Köpfen der Menschen den Wunsch nach Gesundheit im Alter noch verstärkt. Bereits 1993 wurde in den USA die American Academy of Anti-Aging Medicine gegründet.
Nein. Die Anti-Aging-Medizin bedeutet zwar durch die Gesamtheit des Ansatzes ein jugendlicheres Erscheinungsbild, „ewiges Leben” ist aber dennoch der Fiktion zuzuschreiben. Der Versuch der plastischen Chirurgie, 60-Jährige durch Botox 30 Jahre jünger zu machen, fällt ganz gar nicht in den Bereich der Anti-Aging-Medizin.
Die Anti-Aging-Medizin ist vielmehr eine Erweiterung der klassischen Medizin und wird auch in Deutschland in nicht allzu ferner Zukunft über den Status der kosmetischen Lifestyle-Bewegung hinaus einen festen Platz als klassische Fachrichtung einnehmen.
Für die meisten Menschen beginnt der Wunsch nach mehr Jugendlichkeit naturgemäß erst dann, wenn sie zu schwinden droht. Das ist bei manchen bereits Anfang 30, in der Regel aber rund um die Midlife-Crisis (bei Männern) und die Wechseljahre bei Frauen (Klimakterium). Spätestens zu diesem Zeitraum versuchen alle das Unvermeidliche aufzuhalten und den Alterungsprozess zu verlangsamen. Doch mit 50 Jahren auf einmal mit dem Sport anzufangen oder Essgewohnheiten umzustellen, fällt gar nicht so leicht und nur die wenigstens erzielen diese 180°-Verwandlung.
Viel sinnvoller ist es doch bereits in jungen Jahren den Grundstein für ein verhältnismäßig jugendliches Aussehen und vitales Leben und gesundes Altern zu legen. Wenn wir unseren Körper in seinen 20er-Jahren nicht bereits geschädigt haben - sowohl durch Unterforderung als auch vor allem durch physische Überforderung - und uns ausgewogen ernährt haben, sind die Voraussetzungen gut. Dafür sollten Convenience Food oder Fast Food möglichst nicht oder nur in Ausnahmefällen auf dem Speiseplan stehen und in unserer von sitzender Tätigkeit geprägten Berufswelt sollte der körperliche (und teils auch geistige) Ausgleich nicht in Vergessenheit geraten.
Genau hier setzt die Anti-Aging-Medizin an. Sie soll gesundes Ernährungsverhalten (Ernährungsmedizin) und eine aktive Lebensweise (Sportmedizin) bei den Menschen bewusst machen und gegebenenfalls durch eine Therapie antrainieren. Sich sportlich zu betätigen und bewusster zu essen und konsumieren ist nämlich erlernbar. Und es ist ganz sicher keine Schande, wenn man sich hierfür professionelle Hilfe holt.
Ergänzend dazu spielen natürlich auch die sogenannten “freien Radikale”, Vitamine, Mineralien, Spurenelemente und Antioxidantien eine große Rolle. Im Rahmen der Anti-Aging-Medizin werden diese Botenstoffe dem Körper zugeführt, um einen Mangel oder mögliche Folgen für die Gesundheit vorzubeugen.
Das Hauptaugenmerk der Anti-Aging-Medizin liegt allerdings in der Zugabe natürlicher Hormone, zum Beispiel ab der Menopause/Adrenopause, sowie der Vorbeugung von degenerativen Alterskrankheiten wie Demenz, Osteoporose oder Arteriosklerose. Da Hormone als Botenstoffe fungieren und im Zusammenspiel aller Zellen und Organe den ganzen Organismus steuern sowie für Erhalt und Aufbau körperlicher und geistiger Strukturen verantwortlich sind, erklärt das Erfordernis einer präventiven Anti-Aging-Behandlung. Die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren bei Frauen ist zum Beispiel ein klassischer und wichtiger Punkt innerhalb der Anti-Aging-Medizin.
Die Menopause ist bekanntermaßen eine natürliche Zeit im Lebenszyklus einer Frau. Was viele nicht wissen, ist, dass auch Männer in die Wechseljahre kommen, in die sogenannte Adrenopause. Hierbei stellen die Eierstöcke der Frau bzw. die Nebenniere beim Mann die Hormonproduktion ein. Infolgedessen kommt es zu einem Mangel an Östrogen und dessen männlichem Gegenspieler, dem DHEA.
Wird dieser Mangel ausgeglichen, können die typischen Wechseljahrsbeschwerden wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Stimmungsschwankungen gelindert werden oder im Idealfall verschwinden. Die Hormonersatztherapie ist ein essentieller Bestandteil der Anti-Aging-Medizin.
Wichtig ist bei der Hormonbehandlung, genau zu wissen, welche Hormone und wieviel davon fehlt, um den Mangel möglichst identisch ausgleichen zu können. Die Hormone gibt es auf natürlicher Basis sowie synthetisch. Als Darreichungsform gibt es Tabletten und Dragees, Gels und Vaginalzäpfchen sowie Hormonpflaster oder Hormonspritzen. Am weitesten verbreitet sind aufgrund der simplen Handhabung Tabletten sowie Pflaster/Gele, wobei die Tablettengabe im Vergleich deutlich höhere Risiken für Krebs, Lungenembolie, Thrombose und Schlaganfälle aufweist.
Die Anti-Aging-Medizin ist für sich selbst genommen risikolos, für die einzelnen Bestandteile gibt es aber natürlich einige Dinge zu berücksichtigen. Bei der Ernährungsmedizin sowie Sportmedizin ist darauf zu achten, den allgemeinmedizinischen Kontext des Patienten zu berücksichtigen und ihn sanft an eine gesündere Lebensweise heranzuführen, ohne dabei stets auf all seine Fehler hinzuweisen. Das setzt die Vermittlung der Lebensmittelkunde sowie den Stoffwechselprozessen des menschlichen Organismus voraus.
Auch, wenn es sich simpel anhört, ist und bleibt eine Hormonbehandlung ein Eingriff in den menschlichen Organismus - wenn auch ein sinnvoller. Grundsätzlich muss man bei der Hormontherapie darauf achten, möglichst nah an der Natur zu bleiben. Das Risiko von Brustkrebs, Lungenembolien, Schlaganfällen und Thrombose besteht grundsätzlich immer. Es hat sich aber gezeigt, dass dieses Risiko im Vergleich zur Nichtgabe von Hormonen ähnlich hoch ist, wenn die Behandlung mit natürlichem Östrogen und natürlichem Progesteron stattfindet statt mit deren synthetischen Pendants.
Wichtig ist auch die Darreichungsform. Studien haben gezeigt, dass eine Gabe als Pflaster oder Gel, also transdermal („durch die Haut”), im Vergleich zur Tablettengabe hinsichtlich der Risiken deutlich verträglicher ist. Das hat damit zu tun, dass bei einer Tablettengabe der (künstliche) Wirkstoff die Leber passieren muss und dort zu fast 90% gespeichert wird. Um denselben Effekt wie ein Pflaster zu erzielen, ist also eine viel höhere Dosis notwendig. Diese Überdosierung hat dann natürlich nichts mehr mit einer „Ersatz”-Therapie zu tun.
Unsere Gesellschaft neigt dazu, sich vermeintliches Wissen im Internet anzulesen und sowohl Diagnose als auch Therapieplan selbst aufzustellen. Insbesondere hierbei kann das aber massiv nach hinten losgehen und statt „Anti-Aging” und gesundem Altern zu massiven Erkrankungen und Beschwerden führen. Das Risiko liegt vor allem in der Nicht-Kenntnis der genau notwendigen Medikation und der regelmäßigen ärztlichen Kontrolle. Patienten sollten also das Thema auf keinen Fall auf eigene Faust angehen, sondern sich in jedem Fall ärztlichen Rat und eine dauerhafter Kontrolle versichern.
Die Experten-Sprechstunde dient nur der allgemeinen Information, nicht der Selbstdiagnose und ersetzt eine Behandlung weder medizinisch noch rechtlich. Die Antworten spiegeln die Meinung des Autors wider und nicht die der Betreiber von www.pluspatient.de
HausärztinDr. Britta Manchot
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